§ 8 Absatz 4 EStG – „Zusätzlichkeit“ als Voraussetzung für Steuer- und SV-Freiheit

Bei der Optimierung des Entgelts für die Arbeitnehmer erfreuen sich steuerfreie und pauschalbesteuerte Entgeltbestandteile großer Beliebtheit, da diese meist auch sozialversicherungsfrei sind und dementsprechend aufgrund der erheblichen Abgabeneinsparung eine Möglichkeit der preiswerten Erhöhung des Nettogehalts des Arbeitnehmers bieten.

Eine Vielzahl dieser potentiell abgabenentlasteten Entgeltbestandteile steuer- und sozialversicherungsbegünstigt können nur in Anspruch genommen, wenn der Arbeitnehmer sie zusätzlich „zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erhält.

Dazu gehören zum Beispiel:

  • steuerfreie Jobtickets (§ 3 Nr. 15 EStG),
  • steuerfreie Kindergartenzuschüsse für nicht schulpflichtige Kinder (§ 3 Nr. 33 EStG),
  • steuerfreie Zuschüsse zur Gesundheitsvorsorge (§ 3 Nr. 34 EStG),
  • steuerfreie Vorteile für die Überlassung von Dienstfahrrädern inklusive Pedelecs (§ 3 Nr. 37 EStG),
  • pauschal zu versteuernde Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte (§ 40 Absatz 2 Satz 2 EStG),
  • pauschal zu versteuernde Beträge für das Schenken/Übereignen von Computern, Tablets und anderen Datenverarbeitungsgeräten samt Zubehör und Zuschüssen für die Internetnutzung (§ 40 Absatz 2 Nr. 5 EStG),
  • die pauschal zu versteuernde Übereignung von Ladevorrichtungen für Elektroautos (§ 40 Absatz 2 Nr. 6 EStG),
  • die pauschal zu versteuernde Übereignung von (Elektro-)Diensträdern (§ 40 Absatz 2 Nr. 7 EStG),
  • die Anwendung der 50-EUR-Sachbezugsfreigrenze bei Geldkarten und Gutscheinen gemäß § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG,
  • der Arbeitgeber-Förderbetrag zur betrieblichen Altersvorsorge für Geringverdiener (BAV-Förderbetrag) (§ 100 EStG),
  • die Inflationsausgleichprämie (§ 3 Nr. 11c EStG).

Wird das Zusätzlichkeitskriterium nicht beachtet, dann entfällt die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Privilegierung, im Zweifel auch rückwirkend im Rahmen einer Betriebsprüfung. Dies kann zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.

Leistungen des Arbeitgebers werden gemäß § 8 Absatz 4 EStG nur dann zusätzlich zum ohnehin erbrachten Arbeitslohn erbracht, wenn

  • die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird,
  • der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt wird,
  • die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird und
  • bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Keine Entgeltumwandlung

Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen kann dementsprechend nur dann die Steuerfreiheit bzw. das Recht auf Pauschalbesteuerung in Anspruch genommen werden, wenn diese zusätzlich zum bisherigen steuerpflichtigen Arbeitslohn gewährt werden. Die Gewährung z.B. eines monatlichen Gutscheins in Höhe von 50 Euro im Gegenzug für eine Reduktion des Bruttogehalts um 50 Euro würde die Steuerfreiheit des Gutscheins wegen des Fehlens der Zusätzlichkeitsvoraussetzung entfallen lassen.

Keine Gehaltserhöhung nach Wegfall eines zusätzlichen Entgeltbestandteils

Bei Neueinstellungen ist es oft weniger problematisch die Voraussetzung der Zusätzlichkeit zu erfüllen, da es (ohne Berücksichtigung von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen) in den Händen der Vertragsparteien liegt, den Arbeitsvertrag zu gestalten. Dort können auch zusätzliche, steuerprivilegierte Entgeltbestandteile vereinbart werden. Jedoch ist darauf zu achten, dass die Zusätzlichkeit nachträglich entfallen kann, wenn bei Wegfall der bis dahin zusätzlichen Vergütung diese durch eine Erhöhung des regulären Arbeitslohns ausgeglichen wird.

Das augenfälligste Beispiel sind hier die steuerfreien Kindergartenzuschüsse für nicht schulpflichtige Kinder. Mit dem Eintritt der Schulpflicht entfällt naturgemäß dieser zusätzliche Entgeltbestandteil. Mit einem zeitgleichen Ausgleich dieses „Verlusts“ durch eine Erhöhung der Bruttobezüge würden Arbeitgeber und Arbeitnehmer offenlegen, dass der Kindergartenzuschuss von Anfang an kein zusätzlicher Entgeltbestandteil war. Denkbar wäre hier natürlich, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Zuschuss weiterhin zusätzlich bezahlt, dann aber für die Kosten des Schulhorts. Dieser Entgeltbestandteil wäre jedoch im Gegensatz zum steuerfreien Kindergartenzuschuss ein steuerpflichtiger Zuschuss.