Unterlassungsanspruch gendersensible Sprache

Gendern im Unternehmen: Für einige ratsam, um alle Geschlechter mit einzubeziehen, für andere der „Tod der deutschen Sprache“. Das LG Ingolstadt entschied erst im Sommer 2022, dass ein VW-Mitarbeiter keinen Anspruch auf Unterlassen darauf hat, mit gendergerechter Sprache angesprochen zu werden.

Der Mitarbeiter sah sich durch Arbeitseinweisungen, die Formulierungen wie beispielsweise „Der_die BSM-Expert_in ist qualifizierte_r Fachexpert_in“ enthielten, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das LG Ingolstadt teilte die Auffassung des Mitarbeiters nicht und wies die Klage mit Urteil vom 29.7.2022 ab. Der Mitarbeiter legte gegen die Entscheidung des LG Ingolstadt Berufung ein. Das Verfahren ist derzeit beim OLG München unter dem Aktenzeichen 21 U 5253/22 anhängig.

Das LG Ingolstadt führte in dem Urteil folgendes aus:

„Der Kläger ist zwar unstreitig der passiven Nutzung der gendersensiblen Sprache, basierend auf dem entsprechenden Leitfaden der Beklagten, ausgesetzt. Er erfährt aber allein dadurch, dass die Beklagte ihm gegenüber beispielsweise Dokumente verwendet, in denen sie – auf Grundlage des entsprechenden Leitfadens – eine gendersensible Sprache bzw. den Gender-Gap verwendet und der Kläger damit jedenfalls teilweise nicht (auch) mit ausdrücklich grammatisch männlicher Personenbezeichnung erfasst wird, keine spezifische Gefährdung der Wahrung seiner Persönlichkeit.
[…]
Vielmehr ist der Kläger als männliche Person weiterhin von den – wenn auch durchaus gewöhnungsbedürftigen und nur mit Mühe lesbaren – Formulierungen mit „Gender-Gap“ weiterhin umfasst – auch wenn er als männliche Person nicht explizit ge- bzw. benannt wird, mag im Einzelfall auch gegenüber der (männlichen) Einzelbezeichnung die Endung in Wegfall geraten. Eine Geringschätzung gegenüber Personen, deren natürliches Geschlecht männlich ist, ist nach Auffassung der Kammer alleine durch die Benennung/Anrede im Zusammenhang mit der weiblichen Anrede und der Anrede der nichtbinären Geschlechter nicht verbunden. Die eigene sprachliche Integrität umfasst mithin nicht das Recht, von sprachlichen Besonderheiten anderer nicht betroffen zu werden.“

(LG Ingolstadt Endurteil v. 29.7.2022 – 83 O 1394/21).