Unfallversicherungsschutz bei Betriebswegen – Rechtsprechungsüberblick

Grundsätzlich ist die GUV dafür gedacht, den Betriebsfrieden zu wahren, indem sie die Haftung des Arbeitgebers für Betriebsunfälle übernimmt und somit Streitfälle im Betrieb vermeidet. Voraussetzung dafür, dass die GUV greift, ist jedoch, dass der Arbeitsunfall des Beschäftigten sich im Rahmen der versicherten Tätigkeit ereignete. Dazu zählt gem. § 8 Abs. 1 SGB VII auch der Betriebsweg. Unter Betriebswegen versteht man Wege, die in Ausführung der betrieblichen Tätigkeit zurückgelegt werden. Unfälle, die auf dem Betriebsweg entstehen, sind von Wegeunfällen zu unterscheiden. Wegeunfälle sind Unfälle auf dem Weg von oder zu dem Ort der versicherten Tätigkeit, also typischerweise zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte.

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Von einen Arbeitsunfall wird anzunehmen sein, wenn der Unfall dem betrieblichen und nicht dem privaten Bereich zuzuordnen ist. So entschied das SG Berlin, dass eine Prügelei wegen einer zugeparkten Betriebseinfahrt, nicht dem betrieblichen Bereich zuzuordnen ist (SG Berlin, Urteil vom 16.02.2023 – S 98 U 50/21).

In dem Fall kehrte der als Betriebsleiter beschäftigte auf dem Weg zu seinem PkW nochmals um, um mit dem LkW-Fahrer, der ihn vorher beleidigt hatte, die Sache „auszudiskutieren“. Das SG Berlin führte hierzu im Leitsatz aus: „Kehrt eine als Beschäftigte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Person auf dem Weg zu ihrem PKW nochmals um, um einen Dritten, der die Einfahrt zu seiner Arbeit versperrt, aber nicht sein Wegfahren behindert, zu ermahnen, ist dies eine privatnützige Tätigkeit. Da diese Tätigkeit objektiv nicht mehr Betriebszwecken dienlich ist, steht die versicherte Person nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie bei der anschließenden Auseinandersetzung verletzt wird.“

Die Frage des Unfallversicherungsschutzes beurteilt sich entscheidend danach, ob der Arbeitsunfalls während einer betriebsbezogenen Verrichtung geschieht oder sich eine betriebsbezogene Gefahr verwirklicht. In Einzelfällen ist es nicht immer klar, ob sich der Unfall aufgrund einer spezifischen Betriebsgefahr realisiert hat.

So entschied das LSG Baden-Württemberg, dass einem Beschäftigten, der beim Luftschnappen in einem vom Arbeitgeber ausgewiesenen Pausenbereich auf dem Betriebsgelände von einem Gabelstapler angefahren wird, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2023 – L 1 U 2032/22). Das LSG Baden-Württemberg führte hierzu folgendes aus: „Eine spezifische Betriebsgefahr, die zu einem Unfallversicherungsschutz auch in einer Zeit ohne betriebsbezogene Verrichtung führt, verwirklicht sich, wenn ein Beschäftigter, der sich zu einem arbeitsrechtlich gestatteten „Luftschnappen“ in einem ausgewiesenen Pausenbereich auf dem Betriebsgelände aufhält, von einem Gabelstapler angefahren und verletzt wird“