Fristlose Kündigung wegen ehrverletzender Äusserungen in einem privaten WhatsApp Chat unwirksam

Am Arbeitsplatz kommt es durchaus mal vor, dass sich ein Mitarbeiter im Ton vergreift. Sollte es dazu kommen, dass jemand grob beleidigt wird und dies eine erhebliche Ehrenverletzung für den Betroffenen darstellt, so kann nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Einzelfall auch mal eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden.

Doch was passiert eigentlich, wenn jemand beleidigende Äußerungen gegenüber dem Arbeitgeber, Vorgesetzten und dem Betriebsrat in einer privaten WhatsApp-Gruppe tätigt, in der nur die mit einem befreundeten Arbeitskollegen drin sind?

Einen solchen Fall hatte das LAG Niedersachsen zu beurteilen.

Der gekündigte Arbeitnehmer tauschte sich in einer privaten WhatsApp-Gruppe mit seinen weiteren 6 Arbeitskollegen und Freunden seit 2014 aus. Als ein Gruppenmitglied einem Mitarbeiter des Unternehmens, der nicht Mitglied der WhatsApp-Gruppe ist, den Chatverlauf im Jahr 2021 zeigte, kopierte sich dieser den Chatverlauf auf sein eigenes Smartphone. Nachdem der Betriebsrat und der Personalleiter vom Bestehen der WhatsApp-Gruppe und deren Inhalts des Chats erfuhren, wurde ein Arbeitnehmer der Gruppe nach Anhörung gekündigt. Der Chat-Verlauf des gekündigten Arbeitnehmers enthielt dabei Äußerungen wie z.B. „Ich sehne den Tag herbei wo diese Bude anfängt zu brennen“ oder „Unsere Piloten müssten alle vergast werden“.

Das LSG führte hierzu aus: „Die Äußerungen des [gekündigten Arbeitnehmers] im Rahmen der Chatgruppe sind grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 I BGB zu rechtfertigen, rechtfertigen aber im vorliegenden Fall aufgrund der Umstände unter denen sie gefallen sind die Kündigung nicht. Sie sind Bestandteil einer vertraulichen Kommunikation zwischen den Teilnehmern der Chatgruppe und genießen als solche verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre der durch die Äußerungen betroffenen Personen vorgeht“ (LAG Niedersachsen Urt. v. 19.12.2022 – 15 Sa 286/22 Rn. 83).

D.h. da die Äußerungen Bestandteil einer privaten und vertraulichen Kommunikation sind, konnte jeder Teilnehmer der WhatsApp-Gruppe darauf vertrauen, dass die Nachrichten nicht nach außen dringen, was auch über viele Jahre gelang.

Festzuhalten für den Arbeitgeber ist, dass verächtliche und grob ehrenverletzende Äußerungen über den Chef oder Kollegen, die im vertraulichen Bereich getätigt werden, in bestimmten Einzelfällen eine Kündigung nicht rechtfertigen können. Wird die Vertraulichkeit der Äußerung durch eine der Vertrauenspersonen verletzt, so wirkt sich das in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht gegen Arbeitnehmer aus.