Die in der Vergangenheit erschienen Short-News hatten, sofern es um Kündigungen ging, stets Kündigungen von Seiten des Arbeitgebers zum Gegenstand. Denkbar sind allerdings auch Fälle, in denen der Arbeitnehmer wegen einer Pflichtverletzung des Arbeitgebers außerordentlich kündigt. Mit einem solchen Fall musste sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in diesem Jahr beschäftigten.
Grundsätzlich beurteilt sich die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitnehmer nach denselben Maßstäben wie eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber.
Gem. § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsvertrag gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung kann nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen erfolgen ab dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
In dem Fall, den das LAG Köln zu beurteilen hatte, wurde zwischen den Parteien darüber gestritten, ob ein Kündigungsgrund vorliegt. Die kündigende Arbeitnehmerin war als Creative Director eingestellt. Sie wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine neue Geschäftsführung im Unternehmen eingesetzt werde und die alte Geschäftsführung aus dem Unternehmen ausscheide. Die Beklagte meldete sich sodann arbeitsunfähig krank. Durch Dienstanweisung entzog die neue Geschäftsleitung der Arbeitnehmerin ihr die Zuständigkeiten für sämtliche laufenden Projekte, regelte sie intern neu und kommunizierte dies an alle betroffenen Kunden.
Anschließend traten die beiden Parteien in Verhandlungen über die einvernehmliche Beendigung des Vertrages. Nach Ende der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin stellte die neue Geschäftsführung sie widerruflich frei von der Arbeit. Nachdem die Vertragsverhandlungen scheiterten mahnte die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber ab die Freistellung und die Dienstanweisung rückgängig zu machen und sie wieder einzusetzen. Daraufhin unterbreitete die Geschäftsführung der Arbeitnehmerin ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages und bat sie zudem zu einem persönlichen Gespräch zu erscheinen. Die Arbeitnehmerin erschien nicht, meldete sich krank und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich.
Das LAG Köln führte hierzu aus: „Die Weigerung des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung durch den Arbeitnehmer zu bilden. Sie stellt eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber bereit ist, das vereinbarte Gehalt weiterzuzahlen. […]
Gegen diese Pflicht hat die Verfügungsklägerin verstoßen. Sie beschäftigte [die Arbeitnehmerin] […] nicht vertragsgerecht. […] Spätestens jedoch nach sodann erfolgter Aufforderung [der Arbeitnehmerin], sie vertragsgerecht zu beschäftigen – verbunden mit einer Fristsetzung – hätte [der Arbeitgeber] die Freistellung jedoch aufheben müssen. Dies erfolgte bis zuletzt nicht; weder bis zum Ablauf der Frist noch bis zum Zeitpunkt des Zugangs der außerordentlichen Kündigung“
(LAG Köln, Urteil vom 24.01.2023 – 4 SaGa 16/22)
Damit hat das LAG Köln bestätigt, dass ein Kündigungsgrund für die Arbeitnehmerin vorliegt und somit das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt werden konnte.
Allerdings sollte beachtet werden, dass – wie der Arbeitgeber – auch der Arbeitnehmer in der Regel daran gehalten ist, vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung den pflichtwidrig handelnden Arbeitgeber abzumahnen.
Siehe dazu: